Übernahme von Patientendaten bei Praxisübergabe

19. Mai 2023 | Letzte Aktualisierung:  8. April 2024
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Übernahme von Patientendaten bei Praxisübergabe

19. Mai 2023 | Letzte Aktualisierung:  8. April 2024

Das Patientengeheimnis ist die Grundlage für die Vertrauensbeziehung zwischen Patientin bzw. Patient und Arzt. Gibt ein Arzt seine Praxis auf oder beendet ein Betriebsarzt seine Tätigkeit für einen Betrieb, so stellt sich die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die vorhandenen Patientenakten von einem etwaigen Nachfolger übernommen werden dürfen.

Dieser Frage sollte bei einem etwaigen Verkauf oder Übergabe einer Arztpraxis viel Aufmerksamkeit und Genauigkeit zukommen gelassen werden, denn dieser Bereich ist streng datenschutzrechtlich reglementiert.

Hierbei sind nicht nur die rechtlichen Aspekte der persönlichen Daten nicht zu unterschätzen, sondern auch die besondere Sensibilität der verschiedenen Patientendaten. Wer hier nicht gewissenhaft handelt, gefährdet mitunter das Vertrauen seiner Patienten.

Bei der Übergabe an einen Praxisnachfolger ist das Patientengeheimnis im Hinblick auf die bereits vorhandenen und im Rahmen der gesetzlichen Fristen aufzubewahrenden Patientenakten zu beachten. Der Patientenkartei kommt bei einem Praxisverkauf aus betriebswirtschaftlicher Sicht oft ein erheblicher Wert zu, denn diese „Stammkunden“ repräsentieren den guten Ruf der Praxis. Dieser Wert ist aber – wegen des Patientengeheimnisses als spezifische Datenschutzregelung – nicht frei einsehbar wie z.B. Jahresabschlüsse in Geschäftsbüchern.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass eine Praxisveräußerung einschließlich der Übertragung der Patientenkartei ohne die eindeutige und unmissverständliche Einwilligung der Patientinnen und Patienten in die Weitergabe der sie betreffenden Akten wegen des Verstoßes gegen § 203 Strafgesetzbuch (StGB) i.V.m. § 134 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) grundsätzlich unwirksam ist (z.B. Neue Juristische Wochenschrift – NJW 1995, 2026, NJW 1996, 773 f.). Nach Feststellung des BGH verletzt eine derartige Veräußerung das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Patienten sowie die ärztliche Schweigepflicht.

Denn: Die Arzt-Patienten-Vertrauensbeziehung lässt sich nicht ohne Weiteres auf einen Praxisnachfolger übertragen.

Wie ist also nun mit den sensiblen Patientendaten zu verfahren?

Bloße vorherige oder begleitende Hinweise auf den Praxisübergang in der Arztpraxis, z.B. mittels Schild oder Aushang, genügen nicht, um den Zugriff des Nachfolgers auf die bestehenden Patientendaten zu rechtfertigen. Der BGH gab aber bisher auch keine klare „Handlungsanweisung“ für eine Praxisübergabe mit Patientendaten und formulierte keine genauen Anforderungen an die Einwilligung der Patientinnen und Patienten.

Aus Praktikabilitätsgründen hat sich daher das „Zwei-Schrank-Modell“ etabliert, welches je nach Aufsichtsbehörde toleriert wird. Dabei behält der Verkäifer die informationsrechtliche Verfügungsbefugnis über die Altakten und übergibt sie in einem verschlossenen Schrank dem Erwerber, der sich im Übernahmevertrag speziell verpflichtet, die Kartei für den Veräußerer zu verwahren und nur fallbezogen Zugriff auf einzelne Akten zu nehmen, sofern eine frühere Patientin oder ein früherer Patient ihn zur Behandlung aufsucht. Die alte Patientenakte darf mit dem entsprechenden Einverständnis des Patienten entnommen und durch den neuen Arzt fortgeführt werden bzw. mit einer laufenden Patientenkartei zusammengeführt werden. Die Einverständniserklärung des Patienten ist in der Akte zu dokumentieren.

Bei elektronisch geführten Patientendaten kann hier ebenso verfahren werden: der alte Bestand kann durch technische Maßnahmen gesperrt und der Zugriff z.B. mittels Passwort beschränkt werden. Für den Zugriff auf einen Patientendatensatz durch den Praxisnachfolger ist dann die Zustimmung der Patientin bzw. des Patienten einzuholen. Liegt diese vor, so darf insoweit der Datensatz vom Nachfolger freigeschaltet und weitergenutzt werden.

Grundsätzlich ist davon auszugehen, das die Einwilligung eines Patienten in die Übernahme durch einen Nachfolger die gesamte Patientenakte umfasst. Bringt ein Patient jedoch zum Ausdruck, dass nur Teile der Akte bzw. der Unterlagen übernommen werden sollen, so muss dieser Wunsch berücksichtigt werden.

Fazit

Grundsätzlich ist jedoch der Arzt, welcher seine Praxis verkaufen möchte in der Pflicht, eine Einwilligung zur Weitergabe der Daten bei seinen Patienten einzuholen. Nach Art. 6 Abs. 1 DSGVO ist zu beachten, dass ist die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten nur zulässig, soweit die DSGVO oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet, oder der Betroffene eingewilligt hat. Im Falle eines Praxisverkaufs gibt es jedoch keine Rechtsvorschrift welche die Datenweitergabe erlaubt, sodass in diesem Fall eine Einwilligung der Parienten erforderlich ist, welche nach Art. 7 DSGVO grundsätzlich freiwillig ist.

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