Das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) wurde am 27. April 1998 verabschiedet und stellt eine bedeutende Reform des deutschen Gesellschaftsrechts dar. Ziel des Gesetzes war es, das Vertrauen von Investoren, Aktionären und der Öffentlichkeit in die Unternehmensführung und -überwachung zu stärken. Es ist eine Reaktion auf verschiedene Unternehmenskrisen und Managementskandale der 1990er Jahre, die gravierende Mängel in der Unternehmensaufsicht offenbarten. Das KonTraG modifizierte eine Vielzahl bestehender Gesetze, darunter das Aktiengesetz (AktG), das Handelsgesetzbuch (HGB) und das GmbH-Gesetz, mit dem Ziel, die Corporate Governance in Deutschland nachhaltig zu verbessern.
Ziel und Zweck
Das primäre Ziel des KonTraG ist es, die Unternehmensführung effektiver zu kontrollieren und die Transparenz innerhalb von Unternehmen zu erhöhen. Dazu sollen insbesondere die Rechte der Aktionäre gestärkt, die Effizienz des Aufsichtsrats gesteigert sowie das Risikomanagementsystem institutionalisiert werden.
Ein zentrales Anliegen des Gesetzgebers war es, die Informationsasymmetrien zwischen Unternehmensleitung und Stakeholdern zu verringern. Durch verbesserte Berichtspflichten, eine erweiterte Abschlussprüfung und die Einführung eines frühzeitigen Risikofrüherkennungssystems sollen Risiken frühzeitig erkannt und Fehlentwicklungen entgegengewirkt werden.
Betroffene Unternehmen
Das KonTraG richtet sich in erster Linie an kapitalmarktorientierte Unternehmen, insbesondere an Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA) sowie große GmbHs, soweit diese zur Aufstellung eines Lageberichts verpflichtet sind. In bestimmten Teilen gilt das Gesetz auch für andere Unternehmen, sofern sie der Abschlussprüfung unterliegen.
Rechtsgrundlagen der betroffenen Unternehmen
- §3 Nr. 38 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG): Definition kapitalmarktorientierter Unternehmen
- §264d HGB: Verpflichtung zur Anwendung bestimmter Rechnungslegungsvorschriften für kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften
- §289 HGB: Pflicht zur Aufstellung eines Lageberichts
- §91 Abs. 2 AktG: Verpflichtung zur Einrichtung eines Risikofrüherkennungssystems
- §161 AktG: Entsprechenserklärung zum Deutschen Corporate Governance Kodex
Besonders betroffen sind Unternehmen, deren Wertpapiere an einer börslichen Einrichtung gehandelt werden. Dies schließt neben den großen DAX-notierten Gesellschaften auch mittelständische Unternehmen ein, die am geregelten Markt teilnehmen.
Pflichten für Unternehmen
Das KonTraG führt eine Vielzahl neuer und geänderter Pflichten für die Unternehmenspraxis ein. Die wichtigsten sind:
a) Einrichtung eines Risikomanagementsystems
Gemäß §91 Abs. 2 AktG sind Vorstände verpflichtet, ein „Überwachungssystem einzurichten, damit den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh erkannt werden“. Dies bedeutet konkret, dass Unternehmen ein systematisches Risikomanagement implementieren müssen.
b) Erweiterte Pflichten des Aufsichtsrats
Der Aufsichtsrat erhält im Rahmen des KonTraG erweiterte Kontrollbefugnisse. Er ist angehalten, sich intensiver mit dem internen Kontrollsystem und dem Risikomanagement auseinanderzusetzen. Zudem kann er unabhängige Sachverständige hinzuziehen.
c) Unabhängigkeit und Rolle des Abschlussprüfers
Die Abschlussprüfer sollen stärker in die Risikofrüherkennung einbezogen werden. Sie müssen im Rahmen ihrer Prüfung bewerten, ob das frühzeitige Erkennungssystem geeignet ist, bestandsgefährdende Risiken rechtzeitig zu identifizieren.
d) Stärkung der Aktionärsrechte
Aktionäre erhalten durch erweiterte Informationsrechte eine bessere Grundlage zur Ausübung ihrer Kontrollfunktion auf Hauptversammlungen. Dazu zählen insbesondere erweiterte Berichtspflichten des Vorstands und des Aufsichtsrats.
e) Mitteilungspflichten bei Beteiligungen
Beteiligungen an Unternehmen müssen künftig transparenter gemacht werden. Bei Erreichen oder Überschreiten bestimmter Beteiligungsschwellen besteht eine Mitteilungspflicht an das Unternehmen und die Öffentlichkeit.
Fazit
Das KonTraG stellt einen Meilenstein in der Entwicklung der Corporate Governance in Deutschland dar. Es hat die Voraussetzungen für eine verbesserte Kontrolle der Unternehmensleitung geschaffen und die Transparenz gegenüber Stakeholdern erheblich gesteigert. Durch die Verpflichtung zur Einrichtung von Risikomanagementsystemen und die Stärkung der Aufsichtsorgane leistet das Gesetz einen wichtigen Beitrag zur Frühidentifikation und Vermeidung unternehmerischer Fehlentwicklungen.
Obwohl das Gesetz mittlerweile mehr als zwei Jahrzehnte alt ist, sind seine Grundprinzipien weiterhin aktuell und wurden durch spätere Reformen wie das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) und das Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz (FISG) weiterentwickelt. Das KonTraG bildet somit eine fundamentale Grundlage für die nachhaltige Unternehmensüberwachung und -transparenz in der deutschen Wirtschaft.
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Zuletzt geändert am: 12. April 2025
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