Bundesarbeitsgericht: Arbeitszeit-Erfassung wird Pflicht
13. September 2022 | Letzte Aktualisierung: 11. April 2024
Stichworte: Arbeits- & Gesundheitsschutz, Lohnbuchhaltung und HR-Services,
Bundesarbeitsgericht: Arbeitszeit-Erfassung wird Pflicht
13. September 2022 | Letzte Aktualisierung: 11. April 2024
Nach dem heutigen Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist es höchstrichterlich entschieden: in Deutschland besteht zukünftig die Pflicht zur Erfassung der Arbeitszeit.
Im konkreten Fall hatte ein Betriebsrat mit dem Arbeitgeber über eine Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeiterfassung verhandelt. Ursprünglich wollte der Arbeitgeber eine elektronische Zeiterfassung einführen. Im Laufe der Verhandlungen entschloss sich das Unternehmen allerdings dagegen und brach die Verhandlungen ab. Der Betriebsrat war jedoch der Meinung, dass der Arbeitgeber verpflichtet sei, weiterhin mit ihm zu verhandeln. Ihm stehe in dieser Frage ein Initiativrecht zu, wonach er – auch gegen den Willen des Arbeitgebers – die Einführung einer Arbeitszeiterfassung beim Arbeitgeber verlangen könne, so der Betriebsrat. Das Bundesarbeitsgericht sah die Sache offensichtlich aber ganz anders: Auf die Frage eines Initiativrechts des Betriebsrats komme es gar nicht an: ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bestehe nur dann, wenn es keine gesetzlichen Regelungen gebe. Dies sei allerdings nicht der Fall, denn eine solche gesetzliche Regelung gebe es in § 3 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG). Dies sehe vor, dass Arbeitgeber zur Sicherung des Gesundheitsschutzes „für eine geeignete Organisation zu sorgen und die erforderlichen Mittel bereitzustellen“ haben. In der Pressemitteilung heißt es hierzu: „Der Arbeitgeber ist nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG verpflichtet, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann.“
Was mit der Streitigkeit um die Beteiligungsrechte eines Betriebsrats begann und damit nur die Mitbestimmungsrechte des Betriebsverfassungsgesetzes berührt hätte, hat durch die Urteilsbegründung mit Bezugnahme auf das Arbeitsschutzgesetz eine ganz neue Dimension erreicht: da das Arbeitsschutzgesetz für alle Unternehmen in Deutschland gilt, unabhängig davon ob ein Betriebsrat existiert oder nicht, sind nach Aufassung des Bundesarbeitsgerichts alle Unternehmen in Deutschland, gleich welcher Größe, zukünftig verpflichtet die Arbeitszeit Ihrer Mitarbeiter zu erfassen.
Der Europäische Gerichtshof hatte bereits am 14. Mai 2019 entschieden, dass Arbeitgeber in Europa die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter erfassen müssen.
Quelle: Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 13.9.2022 (Az. 1 ABR 22/21)
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