In einem zunehmend regulierten und dynamischen Geschäftsumfeld ist Compliance weit mehr als die bloße Einhaltung gesetzlicher Vorgaben. Unternehmen, die ein systematisches und effektives Compliance-Management etablieren, stärken ihre Glaubwürdigkeit, sichern sich Wettbewerbsvorteile und reduzieren signifikant rechtliche sowie finanzielle Risiken.

Die ISO 37301 ist eine international anerkannte Norm, die Anforderungen und Leitlinien für die Einrichtung, Entwicklung, Umsetzung, Aufrechterhaltung und kontinuierliche Verbesserung eines effektiven Compliance-Management-Systems (CMS) vorgibt. Sie wurde im April 2021 von der International Organization for Standardization (ISO) veröffentlicht und stellt eine Weiterentwicklung der vorherigen Norm ISO 19600 dar. Die ISO 37301 ist als zertifizierbarer Standard konzipiert, was Organisationen die Möglichkeit bietet, ihre Compliance-Strukturen offiziell prüfen und bestätigen zu lassen.

Ziel und Zweck

Das Hauptziel der ISO 37301 besteht darin, Organisationen jeder Größe und Branche bei der Entwicklung einer Kultur der Integrität, Transparenz und Rechtskonformität zu unterstützen. Sie bietet einen strukturierten Rahmen, um Risiken im Zusammenhang mit rechtlichen und regulatorischen Anforderungen sowie ethischen Standards systematisch zu identifizieren, zu bewerten und zu steuern. Durch die Implementierung eines CMS nach ISO 37301 sollen Verstöße gegen Gesetze und Richtlinien sowie Reputationsschäden vermieden werden. Der Zweck der Norm ist es, eine ganzheitliche und nachhaltige Grundlage für Compliance-Management zu schaffen. Dies umfasst:

  1. Prävention von Regelverstoßen: Durch klare Prozesse, Verantwortlichkeiten und Kontrollmechanismen werden Risiken frühzeitig erkannt und Verstöße verhindert.
  2. Stärkung der Unternehmensverantwortung: Die Norm fördert ein verantwortungsbewusstes Verhalten auf allen Ebenen der Organisation, einschließlich der Unternehmensleitung.
  3. Erhöhung der Rechtssicherheit: Unternehmen, die ein CMS nach ISO 37301 implementieren, können im Falle von behördlichen Untersuchungen oder Gerichtsverfahren nachweisen, dass sie angemessene Vorkehrungen zur Einhaltung von Vorschriften getroffen haben.
  4. Vertrauensbildung bei Stakeholdern: Die Zertifizierung nach ISO 37301 signalisiert Kunden, Partnern und Aufsichtsbehörden ein hohes Maß an Rechtskonformität und ethischem Handeln.

Anforderungen

Die Norm basiert auf der High Level Structure (HLS) und lässt sich dadurch problemlos mit anderen Managementsystemen wie ISO 9001 (Qualität), ISO 27001 (Informationssicherheit) oder ISO 14001 (Umwelt) kombinieren. Ihre zentralen Elemente sind:

1. Kontext der Organisation und Stakeholder-Analyse

Organisationen müssen interne und externe Einflussfaktoren sowie Erwartungen relevanter Interessengruppen erfassen. Daraus ergeben sich Ziele, Prioritäten und Maßnahmen im Compliance-Kontext.

2. Führungsverantwortung und Vorbildfunktion

Das Top-Management trägt die Verantwortung für die Wirksamkeit des CMS. Es muss eine verbindliche Compliance-Politik formulieren, geeignete Ressourcen bereitstellen und integres Verhalten vorleben.

3. Risikobasierte Planung

Compliance-Risiken – sowohl rechtlicher als auch ethischer Natur – sind zu identifizieren, zu bewerten und auf Basis einer fundierten Analyse durch geeignete Maßnahmen zu behandeln.

4. Umsetzung und operative Steuerung

Die Norm fordert die Implementierung klar definierter Prozesse, Aufgaben, Rollen und Zuständigkeiten. Dazu gehören u. a. Schulungen, Kommunikationswege, Meldekanäle, Kontrollmechanismen und der Schutz von Hinweisgebern. Compliance-Verstöße lassen sich am Besten verhindern, indem Sie gar nicht erst entstehen. Mögliche Präventivmaßnahmen sind:

  • Schulung und Sensibilisierung der Mitarbeiter
  • Unternehmensinterne Richtlinien
  • Strukturiertes Informations- und Berichtswesen zur Dokumentation und Nachvollziehbarkeit
  • Geschäftspartnerprüfungen vor Geschäftsabschluss
  • Plausibilitätsprüfungen
  • Nachweisprüfung (z.B. Protokolle, Zertifikate, etc.)
  • Genehmigungsverfahren (z.B. Vieraugenprinzip)
  • Funktionstrennung
  • Automatisierte Prüf- und Freigabeprozesse mittels Software
  • Etablierung eines Hinweisgebersystems
  • Regelmäßige Wiederholung der Risikoanalyse

5. Überwachung, Audit und kontinuierliche Verbesserung

Ein wirksames CMS unterliegt einer regelmäßigen Prüfung und Weiterentwicklung. Interne Audits, Compliance-Berichte und die Analyse von Vorfällen oder Gesetzesänderungen bilden die Grundlage für die ständige Optimierung des Systems. Die fortlaufende Überwachung des Compliance-Managements sowie das Monitoring ausgewählter Risikobereiche werden im Zuge von Kontrollmaßnahmen durchgeführt . Dazu gehören u.A:

  • Regelmäßige Mitarbeitergespräche / Interviews
  • Regelmäßige Prozessprüfungen
  • Regelmäßige Dokumentations- und Dokumentenprüfung
  • Regelmäßige Durchführung von Audits
  • Regelmäßiger Austausch mit anderen Instanzen und Beauftragten (z.B. Interne Revision, Datenschutz, Qualitätsmanagement, IT-Sicherheit, etc.)
  • Automatisierte Software-Prüfungen (z.B. Plausibilität, Risiko, etc.)

Kommt es entgegen aller getroffenen Sicherheitmaßnahmen doch zu einem Gesetzes- oder Regelverstoß, so müssen Sie reagieren. Dazu gehört die vollständige Untersuchung und Aufklärung des Vorfalls:

  • Mitarbeiterbefragung und Dokumentation
  • Beweissicherung mittels Datensicherung und Informationssammlung
  • Auswertung der gesammelten Informationen
  • Auswirkungen und Konsequenzen feststellen und bewerten
  • Sofortmaßnahmen festlegen z.B. Freistellung des betroffenen Mitarbeiters
  • Benachrichtigung von Behörden, falls dies geboten ist
  • Sanktionsmaßnahmen durchführen: Ermahnung, Abmahnung, Versetzung sowie Ausspruch der ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung sowie Einleitung einer Strafanzeige

Vorteile der Einführung

1. Rechtssicherheit und Risikominimierung

Ein strukturiertes CMS ermöglicht die frühzeitige Identifikation und Steuerung regulatorischer Risiken. Unternehmen können Gesetzesverstöße, Bußgelder, Reputationsverluste und Haftungsrisiken systematisch vermeiden und ihre Rechtssicherheit erhöhen.

2. Stärkung der Integrität und Unternehmenskultur

Die ISO 37301 fördert eine ethisch verantwortungsvolle Unternehmensführung. Durch klare Werte, definierte Verhaltensgrundsätze und gezielte Schulungen wird eine integre Unternehmenskultur geschaffen und nachhaltig verankert.

3. Vertrauen und Transparenz gegenüber Stakeholdern

Ein wirksames CMS verbessert die Außenwahrnehmung. Es stärkt das Vertrauen von Kunden, Geschäftspartnern, Aufsichtsbehörden und der Öffentlichkeit – und signalisiert, dass das Unternehmen verantwortungsvoll handelt.

4. Verbesserte Steuerungs- und Entscheidungsprozesse

Compliance wird integraler Bestandteil der Unternehmensstrategie. Risiken werden gezielt analysiert, Maßnahmen geplant und Prozesse gesteuert. Das schafft Effizienz, Klarheit und Entscheidungsqualität auf allen Ebenen.

Fazit

Die ISO 37301 bietet Unternehmen jeder Branche eine klare Struktur, um Compliance nicht nur als rechtliche Pflicht, sondern als Teil einer verantwortungsvollen Unternehmensführung zu verankern. Die Norm schafft Transparenz, verbessert die interne Organisation und erhöht die Resilienz gegenüber externen Herausforderungen. Unternehmen, die die ISO 37301 systematisch umsetzen, positionieren sich als glaubwürdige, integre und zukunftssichere Akteure am Markt.

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