In einer zunehmend komplexen, dynamischen und global vernetzten Welt sind Organisationen mehr denn je gefordert, auf Notfälle jeglicher Art vorbereitet zu sein. Die Häufung von Naturkatastrophen wie Überschwemmungen, Erdbeben und Stürmen, technische Störungen in kritischen Infrastrukturen, Pandemien wie COVID-19 sowie sicherheitsrelevante Zwischenfälle wie Terroranschläge oder Cyberangriffe verdeutlichen den dringenden Bedarf an wirksamen Maßnahmen zur Krisenbewältigung. Eine strukturierte und koordinierte Reaktion ist entscheidend, um nicht nur Schaden zu minimieren, sondern auch die Handlungsfähigkeit der Organisation aufrechtzuerhalten und eine schnelle Rückkehr zur Normalität zu ermöglichen.

Die internationale Norm ISO 22320:2018 „Sicherheit und Resilienz – Notfallmanagement – Anforderungen an die Notfallbewältigung“ wurde entwickelt, um Organisationen einen praxisorientierten Rahmen für eine effektive und verlässliche Notfallbewältigung zu bieten. Sie leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Resilienz, also der Widerstandsfähigkeit gegenüber unvorhergesehenen Ereignissen und Krisenlagen.

Ziel und Zweck

Die ISO 22320 verfolgt das übergeordnete Ziel, Organisationen bei der Entwicklung, Einführung, Aufrechterhaltung und kontinuierlichen Verbesserung eines robusten und ganzheitlichen Notfallmanagementsystems zu unterstützen. Sie richtet sich an alle Arten von Organisationen – unabhängig von ihrer Größe, Branche oder geografischen Lage – und soll sicherstellen, dass im Ereignisfall klare Strukturen, bewährte Prozesse sowie effiziente Kommunikations- und Entscheidungswege vorhanden sind.

Anforderungen

Die ISO 22320 legt klare und praxisnahe Anforderungen fest, die Organisationen erfüllen müssen, um in Notfällen effektiv handeln und die Kontinuität kritischer Funktionen sicherstellen zu können. Diese Anforderungen gliedern sich in mehrere Kernbereiche:

Diese Anforderungen dienen nicht nur der Krisenreaktion im engeren Sinne, sondern fördern ein übergreifendes Sicherheitsbewusstsein innerhalb der Organisation.

Die Norm legt den Fokus auf Führungs- und Kommunikationsprozesse sowie auf die systematische Informationsverarbeitung im Notfall. Zu den zentralen Anforderungen zählen:

1. Führung, Struktur und Rollenverteilung

Organisationen müssen eine verlässliche Führungsstruktur etablieren, die auch unter Stress funktioniert. Klare Rollenverteilung, Vertretungsregelungen und Unterstützungsmechanismen gehören ebenso dazu wie funktionsfähige Koordinationsgremien.

2. Informationsmanagement und Lagebild

Ein zentrales Element ist der Umgang mit Informationen: Daten müssen gesammelt, bewertet und in Echtzeit kommuniziert werden. Ziel ist ein aktuelles Lagebild, das fundierte Entscheidungen ermöglicht – sowohl intern als auch gegenüber externen Partnern.

3. Koordination und Ressourceneinsatz

Die Norm fordert, Zuständigkeiten und Schnittstellen im Vorfeld zu klären und Prozesse für den koordinierten Einsatz von Personal, Material und Infrastruktur zu definieren. Einheitliche Protokolle und abgestimmte Maßnahmen erleichtern das gemeinsame Handeln.

4. Krisenkommunikation und Öffentlichkeitsarbeit

In akuten Lagen ist eine transparente, konsistente und zeitnahe Kommunikation entscheidend. Die Norm betont die Bedeutung professioneller Krisenkommunikation gegenüber Mitarbeitenden, Bevölkerung, Medien und Stakeholdern.

5. Lernen und Weiterentwicklung

ISO 22320 verpflichtet Organisationen zur kontinuierlichen Verbesserung ihres Notfallmanagements. Übungen, realitätsnahe Tests und Nachbesprechungen (Lessons Learned) sind integraler Bestandteil des Verbesserungsprozesses.

Vorteile der Einführung

Die Einführung und Umsetzung der ISO 22320 bietet Organisationen eine Vielzahl an strategischen, operativen und kommunikativen Vorteilen. Sie ermöglicht nicht nur eine bessere Bewältigung von Krisensituationen, sondern steigert langfristig die organisatorische Leistungsfähigkeit und Glaubwürdigkeit:

1. Klare Führungs- und Koordinationsstrukturen

Die Norm fördert die Einrichtung eindeutiger Führungsrollen und klarer Entscheidungsstrukturen. Durch definierte Abläufe, Verantwortlichkeiten und Kommunikationswege lässt sich die Koordination aller Beteiligten im Notfall deutlich verbessern.

2. Schnellere Reaktionsfähigkeit

Ein standardisiertes Notfallmanagement verkürzt Entscheidungs- und Reaktionszeiten. Maßnahmen lassen sich gezielter einleiten und anpassen, wodurch Risiken besser kontrolliert und Schäden reduziert werden können – sowohl für Menschen als auch für Sachwerte und Infrastruktur.

3. Stärkung der organisatorischen Resilienz

ISO 22320 unterstützt Organisationen dabei, sich auf Notfälle vorzubereiten, regelmäßige Übungen durchzuführen und aus Vorfällen zu lernen. Damit wird nicht nur die Reaktionsfähigkeit verbessert, sondern auch die langfristige Widerstandsfähigkeit gestärkt.

4. Internationale Anschlussfähigkeit

Als international gültiger Standard schafft ISO 22320 eine gemeinsame Grundlage für die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteuren – auch grenzüberschreitend. Das erleichtert den Einsatz bei internationalen Krisen, z. B. im Rahmen von Katastrophenhilfe oder multinationalen Unternehmen.

Fazit

In einer Welt, in der Krisen zunehmend komplexer, häufiger und unvorhersehbarer auftreten, ist ein strukturiertes Notfallmanagement unerlässlich. Ob Naturkatastrophen, technische Störungen, Pandemien oder gezielte Angriffe – Organisationen, Behörden und Unternehmen müssen in der Lage sein, schnell und koordiniert zu reagieren.

Die ISO 22320 bietet dabei einen fundierten und praxisorientierten Rahmen, mit dem Organisationen ihre Fähigkeit zur strukturierten, koordinierten und resilienten Notfallbewältigung systematisch aufbauen und verbessern können. In einer Zeit wachsender Unsicherheiten, globaler Abhängigkeiten und zunehmender Störanfälligkeit stellt die Norm ein wertvolles Instrument dar, um Risiken frühzeitig zu erkennen, angemessen zu reagieren und nachhaltig gestärkt aus Krisen hervorzugehen.

Die Einführung der ISO 22320 kann somit als ein wesentlicher Bestandteil eines umfassenden Risikomanagements betrachtet werden, das über den akuten Krisenfall hinausgeht und langfristig zur Stabilität, Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit einer Organisation beiträgt.

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