In Deutschland gelten für Unternehmen, Selbstständige und teilweise auch Privatpersonen gesetzliche Aufbewahrungspflichten für bestimmte Unterlagen. Diese Pflichten dienen der ordnungsgemäßen Dokumentation geschäftlicher Vorgänge, der Nachvollziehbarkeit steuerlicher Sachverhalte sowie der rechtlichen Absicherung. Die Nichteinhaltung kann zu empfindlichen Sanktionen führen. In dieser Übersicht geben wir einen umfassenden Überblick über die wichtigsten Aufbewahrungsfristen sowie die maßgeblichen gesetzlichen Grundlagen.
1. Allgemeine Grundlagen der Aufbewahrungspflichten
Die wichtigsten gesetzlichen Grundlagen für die Aufbewahrungspflichten in Deutschland sind:
- Abgabenordnung (AO) – §§ 147 ff.
- Handelsgesetzbuch (HGB) – §§ 238, 257 HGB
- Umsatzsteuergesetz (UStG) – insbesondere § 14b UStG
- Einkommensteuergesetz (EStG) – für bestimmte private Unterlagen
- Sozialgesetzbuch (SGB) – z.B. für Lohnunterlagen
- Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) – bzgl. der Speicherdauer personenbezogener Daten
2. Aufbewahrungsfristen nach HGB und AO
Die beiden wichtigsten Fristen sind 10 Jahre und 6 Jahre.
10 Jahre Aufbewahrungsfrist (§ 147 Abs. 3 AO, § 257 Abs. 4 HGB) gilt für:
- Buchungsbelege
- Jahresabschlüsse (Bilanz, GuV)
- Eröffnungsbilanzen
- Lageberichte
- Inventare
- Handelsbücher
- Buchungsjournale
- Rechnungen (Empfangene und selbst ausgestellte)
Beginn der Frist: Ende des Kalenderjahres, in dem der letzte Eintrag gemacht wurde oder das Dokument entstanden ist.
6 Jahre Aufbewahrungsfrist (§ 257 Abs. 4 HGB, § 147 Abs. 3 AO) gilt für:
- Geschäftsbriefe (z. B. Angebote, Auftragsbestätigungen, Korrespondenz)
- E-Mails mit geschäftlichem Inhalt
- Verträge
- sonstige Unterlagen mit steuerlicher Bedeutung, soweit sie nicht zu den 10-jährigen gehören
3. Spezielle Aufbewahrungsfristen nach weiteren Rechtsvorschriften
Umsatzsteuer (§ 14b UStG)
Rechnungen sind 10 Jahre aufzubewahren. Dies gilt auch für elektronische Rechnungen. Das gilt für Empfänger und Aussteller.
Personal- und Lohnunterlagen (§ 8 Abs. 3 SGB IV, § 28f SGB IV)
- Lohn- und Gehaltsabrechnungen: 6 Jahre
- Sozialversicherungsnachweise: 6 Jahre
- Beitragsabrechnungen: 6 Jahre
- Meldungen zur Sozialversicherung: 5 Jahre
- Arbeitsverträge: meist 10 Jahre (empfohlen, auch wegen möglicher Klagen)
Aufbewahrung nach dem Mindestlohngesetz (§ 17 MiLoG)
Für bestimmte Branchen sind Nachweise über Arbeitszeiten mindestens 2 Jahre aufzubewahren.
Aufbewahrung nach dem Geldwäschegesetz (§ 8 GwG)
- Aufbewahrungspflicht: 5 Jahre
- Gilt für bestimmte Geschäftsunterlagen, Identifizierungsdaten, Transaktionsdokumente
4. Datenschutzrechtliche Speicherfristen (DSGVO)
Die DSGVO verpflichtet nicht zur expliziten Aufbewahrung, sondern regelt die Löschung, sobald der Zweck der Verarbeitung entfallen ist (Art. 5 Abs. 1 lit. e DSGVO). Eine Speicherung ist nur so lange erlaubt, wie es notwendig ist.
Beispiel: Bewerbungsunterlagen sind in der Regel spätestens 6 Monate nach Ablehnung zu löschen (§ 61b Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 15 AGG), es sei denn, es liegt eine Einwilligung zur längeren Aufbewahrung vor.
5. Fristen für Privatpersonen (z. B. bei Steuererklärungspflicht)
Privatpersonen sind grundsätzlich nicht zur Buchführung verpflichtet, es gibt jedoch einige relevante Fälle:
- Belege für steuerlich relevante Ausgaben (z. B. Handwerkerrechnungen, Spendenbescheinigungen): 2 Jahre (§ 14b UStG analog)
- Rechnungen bei Immobilienverkäufen oder -sanierungen: Bis zu 10 Jahre, wenn Umsatzsteuer geltend gemacht wird oder bei vermieteten Objekten
6. Aufbewahrung in digitaler Form
Die elektronische Archivierung ist grundsätzlich zulässig, wenn sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoBD) entspricht. Dabei gilt insbesondere:
- Lesbarkeit und Unveränderbarkeit müssen gewährleistet sein
- Jederzeitiger Zugriff auf Dokumente bei Betriebsprüfung
- Ordnungssystem muss klar nachvollziehbar sein
7. Sanktionen bei Verstößen
Die Verletzung der Aufbewahrungspflichten kann zu:
- Steuerschätzungen
- Bußgeldern
- Strafrechtlichen Konsequenzen (z. B. bei vorsätzlicher Vernichtung) führen.
Fazit
Die Einhaltung der Aufbewahrungspflichten ist essenziell für eine ordnungsgemäße Buchführung und zur Vermeidung rechtlicher Konsequenzen. Die wichtigsten Fristen sind 6 und 10 Jahre, abhängig von der Art des Dokuments. In Zweifelsfällen sollte im Zweifel eher zu lange als zu kurz aufbewahrt werden. Eine gute Organisation – auch digital – ist dabei unerlässlich.
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